Warm scheint die Sonne Auf
jeder Liege liegen Handtücher
am Strand
Schon oft geschah:
Ein Mensch macht sich zum Affen.
Noch niemand sah
Mensch werden Affen schaffen.
Was schon gelang:
Auf Menschen von den Tieren,
dass übersprang-
en Flöhe oder Viren.
Es war einmal ein bunter Specht,
der hörte mit der Zeit recht schlecht.
Denn wenn ein Specht sich Höhlen baut,
dann hämmert er unsagbar laut,
dass ihm mit ungeschützten Ohren
der Hörsinn geht alsbald verloren.
Der Specht braucht einen Arbeitsschutz:
Kopfhörer, dem Gehör zu Nutz.
Jetzt ist die Zeit, etwas zu tun!
Ihr Letzten, lasst uns nicht mehr ruh‘n!
Ihr wollt doch nicht an Bäumen kleben,
wenn nur noch taube Spechte leben?
Der
Corona-Zug der Lemminge
In den Tagen
meiner Isolation hatte ich einen starken Haarwuchs bemerkt, aber nichts dagegen
unternommen. Es sieht mich ja niemand, dachte ich. Jedenfalls nicht vor dem
nächsten Wocheneinkauf. Doch dazu sollte es nicht mehr kommen.
Es kam mir so
vor, als ob alle Gegenstände in meinem Zimmer ständig größer wurden, ohne dass
ich eine Erklärung dafür fand. Am dritten Tag fiel ich im Schlaf aus dem Bett.
Das Bett war so hoch, dass ich nicht wieder hineinkam. Ich kuschelte mich in
meine vor dem Bett abgelegte Kleidung und schlief ein.
Am Ende der
Woche kam der Bote mit den bestellten Lebensmitteln. Er klopfte an die Tür und
rief nach mir. Ich wollte antworten, aber mir entrang sich nur ein helles
Quieken. Er hatte wohl etwas gehört und rief mit fragendem Tonfall erneut: Herr
Müller? Nachdem ich mich geräuspert hatte, versuchte ich es noch einmal und
hörte mich knurren. Was ist mit mir los, überlegte ich und schaute auf meine
behaarten Vorderpfoten. Das war kafkaesk. Mit diesen kurzen Pfoten konnte ich
nie und nimmer die Türklinke erreichen. Die Verwandlung! Ich fürchtete mich.
Als der
Schlüsseldient die Tür öffnete, wischte ich durch den ersten sich öffnenden
Spalt hinaus und flüchtete ins Treppenhaus. „Es ist niemand da,“ hörte ich den
Mann vom Schlüsseldienst hinter mir sagen. „Ein komischer Hamster ist aus dem
Zimmer gerannt. Einen Käfig sehe ich aber nicht.“
Ich wartete
nicht ab, was weiter passieren würde, sondern sprang und purzelte die Treppe
hinunter und lief durch die offenstehende Hintertür in den Garten. Dort
versteckte ich mich mit klopfendem Herzen zitternd hinter den Mülltonnen bis es
dunkel wurde. Dann machte ich mich auf den Weg.
Es war ein
weiter Weg. Er führte mich aus der Stadt.
In Feld und Wald fraß ich Beeren und
Moose, Triebe und Rinde um nicht zu verhungern. Ich lief, bis ich erschöpft
war, schlief, fraß und lief wieder – so weit mich meine Beine trugen. Als ich
an einem Teich vorbeikam, erbleichte mich mein Spiegelbild: Wie hatte ich so
schrumpfen, wie ein dichtes Fell ausprägen können? Es erinnerte nichts, aber
auch gar nichts mehr an den Herrn Müller, der sich geschmeichelt genierte, wenn
ihn Leute für den berühmten Fußballstar hielten. Das erschütterte mich so sehr,
dass ich in einen tiefen Schlaf fiel.
Als ich
erwachte, wimmelte es um mich her von meinesgleichen. Sie quietschten,
keckerten und knurrten, dass es eine Freude war. Besonders für mich, da ich sie
verstand! Alle waren sehr aufgeregt. Ich fragte das nächste Tier: „Sagst Du
mir, was für ein Tier Du bist?“ Der angesprochene fauchte: „Wohl heute einen
Clown gefrühstückt? Fragt ein Lemming einen Lemming, welche Art Tier er ist!“
Damit wandte er sich ab und lief davon, denn soeben hatte ein Anführer ein
Signal gegeben: Fünf Pfeiflaute – tief, hoch, dreimal mittelhoch. Ich reihte
mich in den Zug der Lemminge ein, der sich formierte. „Was bedeutet das
Signal?“ fragte ich das neben mir laufende Tier. „Corona-Alarm“ antwortete es.
Und wir liefen; ein riesiger Zug. Das gesamte Stück Erde, das ich überblicken
konnte, war voller Lemminge: vorne, hinten, rechts, links – überall Lemminge,
die liefen. Corona-Alarm!
Als ich das
Rauschen von Wasser hörte, wurde mir klar: Wir laufen alle auf die Klippen zu!
Und alle liefen und liefen und es gab kein Entrinnen. Ich versuchte mich
zurückfallen zu lassen. Aber das war gar nicht so einfach. Ich musste an den
Rand kommen um nicht vorangeschoben zu werden und über die Klippen zu stürzen.
Fragen Sie
nicht, wie es gelang. Aber schließlich konnte ich mich soweit an den Rand
bewegen und zurückfallen lassen, dass es möglich wurde, vor den Klippen
anzuhalten. Der Anführer lag unten. Beim Aufprall auf einen Stein hatte es ihm
das Rückgrat zerschmettert. Aber er war ungebrochen und rief ersterbend: Corona
hat uns nicht gekriegt! Dann war es um ihn geschehen. Neben mir zitterte ein
Lemming-Mädchen, das ich, ohne es zu merken, aus dem Strom der Lemminge
abgedrängt und ihm so das Leben gerettet hatte.
„Schnitt! So,
das wär’s für heute,“ hörte ich eine laute Stimme rufen. Ich wandte mich
seitwärts. Der Regisseur kletterte von seinem Sitz, legte das Megaphon ab und
kam auf mich zu. „Sie drehen einen Film über die Lemminge?“ fragte ich. „Ja,“
sagte er, „wir machen ein Remake des Disney-Films ‚Weiße Wildnis‘, in dem sich
die Lemminge von den Klippen stürzen.“ „Das ist das Ende?“ fragte ich.
„Natürlich nicht,“ sagte er, „das wäre nicht Hollywood. Es gibt ein Happy End.
Das hübsche Lemming-Mädchen, das Sie gerettet haben, heiratet einen der Hunde,
die die Lemminge über die Klippe gejagt haben. Ihr gemeinsames Kind ist ein
Reh. Es heißt Bambi und wird später mal ein großer Hirsch mit einem mächtigen
Geweih.
Aber was machen
Sie hier?“ fragte er, und musterte mich mit überanstrengten, müden Augen, „und
dazu in diesem Aufzug! Wieso tragen Sie eine Zwangsjacke?“ „Ich spiele auch in
einem Film mit,“ gab ich zurück. „Er heißt „Normal unter Verrückten.“ „Und
welche Rolle spielen Sie?“ „Ich spiele einen Verrückten,“ sagte ich.
„Nun, das sieht man,“ antwortete er, und seine Augen strichen über die
Zwangsjacke, die mich band. „Warum sind Sie verrückt?“ „Weil ich normal denke,“
antwortete ich. „Ich habe schon viele Verrückte gesehen, die einen Normalen
spielen,“ sagte er, „aber ein Normaler, der einen Verrückten spielt?“
Koppschüttelnd ging der davon. Ich hörte ihn noch sagen: „Das ist mir zu verrückt.“
Aber hier
stimmte doch etwas nicht. Oder haben Sie schon mal einen Lemming in Zwangsjacke
gesehen? Außerdem war mir der Mensch nicht besonders groß erschienen. Was ist
hier los? Ich konnte tatsächlich in einen der Spiegel sehen, die vor einem
Wohnmobil aufgestellt waren. Und was ich sah, nahm mir den Atem. Welche
Metamorphose! Was für eine Conversion! Mit irrem Blick grinste mich der alte
Thomas-Müller-Verschnitt an, der ich einmal gewesen war. Mir wurde schwarz vor
Augen.